Sonntag, 9. Oktober 2011

The suprising change



                                                                    


 Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Menschen ist das Lächeln.
(Anonymus)

***





Kapitel 2


Edward Sicht

Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich gegen die kühle Steinwand eines Gebäude. Der Regen tropfte erbarmungslos herunter. Ich war geschützt durch die Steinwand, aber andere nicht.

Wenigstens einmal hatte ich das Glück geschützt zu werden. Sonst war mein Leben einfach beschissen. Es glich einer Hölle, einem aussichtlosen Labyrinth, wo man kein Entkommen findet. Man kann der eisigen Kälte nicht entrinnen. Erbarmungslos ist man ihr ausgeliefert.
Tiefe Wunden zierten mein Herz. Es war kaputt, vor Jahren in 1000 Einzelteile zersprungen.

Heute schien wieder ein Tag zu sein, der mir wieder vor Augen hielt, wie beschissen mein Leben war.

Am frühen Morgen provozierte mich James, ein Heimjunge. Er hatte meine Schwester gegen ihren Willen angefasst. Irgendwann konnte ich nicht anders und schlug ihn eine rein. Mit Worten hatte er gar nicht reagiert. So sehr war er drauf versessen gewesen meine Schwester zu verletzten.
Wer würde dann nicht so reagieren? Ist es dann nicht selbstverständlich, dass ich mit allen Mittel versuche, ihn von meiner Schwester zu ziehen?
Anscheinend nicht. Die Erzieherin bekam meinen Gewaltzug natürlich genau mit. Den Hintergrund, wie es dazu kam, interessierte sie gar nicht. Es war ihr vollkommen egal, dass er meine Schwester angefasst hat. Einfach vollkommen egal, was hätte passieren können, dass er sie verletzte…
Das einzige was die Erzieherin in Kopf hatte, waren ihre Regel, dass schlagen verboten war.
Somit bekamen wir eine Strafe: Ausgehverbot ab 20 Uhr und müssen dazu noch das ganze Heim putzen.
James natürlich wurde als lieber Junge hingestellt, als das OPFER, und er musste nichts machen. ER wurde sogar noch bemitleidet, weil mein Schlag Schäden hinterlassen hat.
Der arme, arme Junge, er hat ein Kinnhaken bekommen, weil er seine dreckigen Finger auf die reine Haut meiner Schwester gelegt hat. Fuck, wo war die verdammte Gerechtigkeit geblieben? Anscheinend gab es diese in der Welt nicht. Wahrscheinlich musste James Alice erst richtig vergewaltigen, eher eine Erzieherin bemerkt, was James abzog. Sonst meinen sie ja, es sei alles nur Schwachsinn was ich erzählte. Ich würde ja nur überreagieren…

Wie man sich vorstellen kann, wollte ich nach diesem Morgen einfach alleine sein. Niemanden sehen. Niemanden hören. Einfach nur alleine, in dieser abgefuckten Welt sein. Aber nein, nicht mal das wurde mir heute erlaubt. Heute war zufälligerweise der verfluchte Tag der Offenen Tür, wo potenzielle Eltern kommen und die armen Kinderchen besuchen konnten. Krach und Stress waren schon vorprogrammiert.

Deshalb ging ich mit meiner Schwester in die Innenstadt von Norderstedt. Alice, meine kleine Schwester, wollte mir noch ein Geburtstagsgeschenk besorgen, obwohl ich keins von ihr wollte. Sie hatte ja nicht mal das nötige Geld, um mir was Ordentliches zu besorgen. Aber Alice wäre ja nicht meine sture kleine Schwester, wenn sie es nicht trotzdem versuchen würde.

Wir vereinbarten uns eine Zeit, sodass sie alleine ihre Besorgungen machen konnte und ich endlich meine Ruhe hatte. Eine halbe Stunde später nach der vereinbarten Zeit, rief mich meine Schwester plötzlich mit einer fremden Nummer an. Sie fragte mich ernsthaft, ob ich nicht Lust hätte ein bisschen Zeit mit ihr und ihrer neuen „Freundin“ Isabella Swan, zu verbringen. Mit meiner Laune, die den absoluten Tiefpunkt erreicht hatte, hatte ich absolut keinen Bock auf eine fremde Gesellschaft. Trotzdem sagte ich zu, meiner kleinen Schwester zu liebe.

Es wunderte mich ein bisschen, dass Alice jemanden wie Isabella Swan traf. Isabella ist eine Balletttänzerin oder eher Schülerin. Meine Schwester schwärmte schon seit Ewigkeiten von ihr und ihren Tanzpartner Jasper Hale. Immer wieder musste ich mich mir anhören, wie traumhaft die beiden tanzen würden. Was mich durchaus nicht wunderte.
Wer das nötige Geld hat, um sein Talent zu fördern, kann auch nur gut werden. Isabella hatte das Geld wie Heu.

Nicht wie Alice und ich. Wir mussten uns täglich durch das Leben kämpfen, weil wir von kaum jemandem akzeptiert wurden. Wir hatten ja nicht einmal Geld, das wir ausgeben könnten. Einfach arme Heimkinder waren wir, die nichts weiter hatten, als eine trockene Unterkunft und Essen und Trinken. Geld bekamen wir vom Heim sehr wenig, man konnte sich fast nichts davon leisten. Was für Teenager als normaler Standard angesehen war, war für uns purer Luxus.

Isabella Swan war eine Person die im Luxus lebte, den wir uns nur erträumen konnten. Dass sie Alice half, war nur eine Masche von ihr. Die Gutmütigkeit von ihr war nur gespielt.
Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft war in dieser heuchlerischen Welt nicht mehr vorhanden. Absolut jeder dachte nur an sich selbst und nahm keine Rücksicht auf die anderen.

Liebe und ehrliche Freundschaft ist kaum noch vorhanden. Meistens ist der Ruhm und die Macht wichtiger geworden, als alles andere.

Besonders Isabella Swan schätzte ich als eine Egoistin ein. Es ist zwar oberflächlich das zu behaupten, weil ich sie nicht kannte, aber Menschen, die wie Isabella Swan in Reichtum lebten, waren im Allgemeinen einfach selbstsüchtig. Zu oft kam ich mit Leuten, die in besseren Verhältnissen lebten, in Kontakt. Immer wieder sah ich die arroganten Blicke und hörte die Beleidigungen. Schäbig und armselig, waren wir, die Menschen, die in der unteren Gesellschaft lebten.

Nichtsdestotrotz weiß ich, dass sie Bella auf eine komische Art bewundert. Alice war bestimmt glücklich, dass jemand wie Bella, ihr Beachtung schenkte. Am Telefon klang sie jedenfalls so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Sonst war sie immer so schüchtern und zurückhaltend, kommt nie aus sich raus. Aber am Telefon, motzte sie mich halb zusammen. Sie hat sich gegen die Meinung ihres großen, vorlauten Bruder gestellt und dabei ihre eigentliche Meinung vertreten. Es war für Alice ein gewaltiger Vorschritt. Insgeheim gab sie öfters zu, dass sie meine Verhaltensweise nicht mag, aber offen legte sie sonst nie ein Wort gegen mich ein.
Sie folgte jedem meiner Schritte und geht kaum einen eigenen…
Deswegen, war ich im ersten Moment schockiert gewesen. Ich spürte den Stolz gegenüber meiner Schwester.
Langsam lernte Alice, dass sie ihre eigenen Interessen selbst vertreten musste. Nicht nur durch mich.
Morgen, war der Tag, an dem ich theoretisch Erwachsen wurde und meine eigenen Wege gehen könnte. Es war mein 18. Geburtstag. Eigentlich könnte ich ab morgen, aus diesem schäbigen Heim verschwinden und nie wieder zurück kehren.

Aber praktisch fehlte mir das verdammte Geld dazu. Ich ging noch in die Schule, absolviere mein Abitur und konnte nur durch schlecht bezahlte Schülerjobs ein bisschen Geld verdienen. Eine Wohnung lag weit über meinem Budget. Selbst wenn ich mir durch ewig Gespartes eine Wohnung leisten könnte, wären da immer noch die Kosten für Nahrung und anderes. Somit sind wir, solange wir noch zur Schule gehen, auf das Heim angewiesen....

Wir werden gezwungen hier zu bleiben, obwohl alle es verabscheuen und nicht nur wir darunter leiden müssen, sondern auch unser Umfeld.
Seit meinem 7. Lebensjahr lebte ich schon in diesem beschissenen Heim. Von der ersten Minute habe ich es so sehr gehasst. In den Jahren hat sich der Hass gegenüber den anderen Kinder und den Erzieher nur verdoppelt. Die Erzieher kümmern sich eh immer mehr um die kleinen Kinder und je größer man wird, desto mehr wird man von ihnen vernachlässigt. Mit seinen Problemen steht man alleine da, hilflos und verzweifelt. Wenn man Fehler gemacht hat, wird man getadelt und bestraft.

Außerdem waren Gewalt und Streit Alltag in diesem Heim geworden. Es gab immer ein paar arrogante Arschlöcher, die einen immer provozieren mussten und die Schwächeren ausnutzen.

Nicht, dass ich kein Arschloch wäre. Es ist mein verdammter, nötiger Verteidigungsinstinkt geworden. Aber ich tat nie was Ungerechtes gegenüber den Armen. Früher waren Alice und ich, nämlich die die ausgenutzt und ausgebeutet worden sind. Verletzungen und Beleidigungen gehörten für uns zum Alltag... Zu jeder Zeit mussten wir damit rechnen, dass unsere Schwäche wieder ausgenutzt wurde.

Hilfe gab es in den Momenten nur selten. Wenn wir welche bekamen, waren wir meistens so verängstigt, durch die Drohungen, die wir bekamen, dass wir kein Wort drüber sprachen. Niemand bemerkte wie wir psychisch am Ende waren.

Besonders meine kleine Schwester war am Ende ihrer Kräfte angelangt. Ihre Augen waren eine leere Hülle gewesen. Sie war eine Zeitlang stumm gewesen, sprach nur wenn sie mit mir alleine war. Zum Essen musste ich sie zwingen. Alice…Sie war eine lebendige wandelnde Leiche. Blass. Abgemagert. Gefühllos. Stumm. Nur in den Nächten kamen ihre angestauten Emotionen heraus. Erschreckendes Geschreie, bitterliches Weinen oder verzweifeltes Reden, waren in den Nächten keine Seltenheit.

Immer wieder wiederholte sie die Worte, dass sie das Ganze nicht mehr ertragen konnte. Lieber würde sie sterben, als in dieser schrecklichen Welt, die der Hölle glich, zu leben. Ich hatte schreckliche Angst um sie. Als sie es wirklich einmal versuchte, brach mein Herz endgültig zusammen.
Es war hart gewesen seine Eltern zu verlieren, den Schutz zu verlieren, den man einst hatte. Aber dann noch mit den eigenen Augen zu sehen, wie seine eigene Schwester zu Grunde geht, das war zu viel. Es zerstörte die Person die ich einst war. Die Person die zu unfähig war, anderen zu helfen. Sie konnte nichts ausrichten. Meinen Eltern damals konnte ich nicht helfen und meiner Schwester ging es auch schlecht.
Deswegen entwickelte sich in mir eine Blockade und Aggressionen und Wut kamen zum Vorschein.

Ich veränderte mich um 180°. Der liebe, hilfsbereite Junge, der ich einst gewesen war, entwickelte sich zum vorlauten, provokanten Arschloch. Ich beleidigte Leute, wenn sie mir scheiße kamen und fing an mich mit ihnen zu prügeln. Weitaus stärker wurde ich, als die anderen Milchbubis. Niemand hatte mehr eine Chance, mich zu verletzten. Das was sie mir einst angetan hatten, bekamen sie zurück. Ich war kein Stück besser als sie, dass wusste ich.

Aber es war nun mal der einzige Weg gewesen, mir Respekt gegenüber anderen zu verschaffen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich einfach keine andere Wahl.

Meine Schwester hasste mich manchmal dafür. Sie verglich mich öfters mit diesen hirnlosen Schwachköpfen, die uns einst schikaniert hatten.

Immer wieder musste ich das Gebettel anhören, dass ich endlich wieder der alte Edward sein solle. Ein netter und sanfter Mensch, der keinem was zu leide tun konnte.
Nur geht es nicht mehr. Woher soll ich wissen, wer ich bin, wenn ich es selbst nicht weiß…? Ich habe mich als Person selbst verloren… Es ist erbärmlich… Das ist mein ganzes Leben, absolut erbärmlich.

Wütend trat ich gegen einen losen Stein, der gegen die Wand flog. Ich hob meinen Blick vom Boden und sah, dass ich direkt vor dem Cafe stand, in dem Alice auf mich wartete.

Genervt öffnete ich die Eingangstür und ging herein. Das Cafe war ziemlich leer, was ziemlich ungewöhnlich war zu der Jahreszeit. Mein Blick schweifte durch das Cafe. Schnell erkannte ich meine Alice mit einem anderen Mädchen. Isabella Swan. Überraschenderweise, war Isabella gar nicht so auf getakelt, wie ich sie mir vorgestellt habe.

Soweit wie ich erkennen konnte trug sie gar keine Schminke, ihre braunen Haare waren zu einem einfachen Zopf zusammen gebunden und ein paar Strähnchen hingen ihr heraus. Selbst ihre Klamotten waren schlicht und einfach gehalten.

„Ah, Edward da bist du ja endlich“, äußerte Alice, als sie mich entdeckte.

Sie warf mir einen tadelnden Blick zu. Der heißen sollte, dass ich mich benehmen und nichts Abwertendes sagen solle.

Ich verkniff es mir mit den Augen zu rollen. Alice kannte mich zu gut. Mit meiner großen Klappe handelte ich mir des Öfteren Ärger ein. Ich hasste es einfach, mit Menschen abzuhängen, die keine Ahnung von Leben hatten. Bei denen alles super verlief.
Es war purer Neid, gegen den ich nichts machen konnte und wollte.

Mein Blick schweifte zu Isabella. Ich sah wie sie mich musterte und wie ein leichtes Lächeln auf ihrem Mund zierte. Das würde wohl schnell wieder verschwinden. Langsam ging ich zu den beiden „Frauen“ herüber, dabei ließ ich Isabella nicht aus den Augen. Ich war der Löwe in dem Moment und sie das Lamm. It‘s show time.

„Hallo, ich bin Edward, wie du bestimmt schon von meiner reizenden kleinen Schwester erfahren hast. Du bist denk ich mal, die „große“ Isabella Swan“, sagte ich arrogant wie ich nun mal war und sah zu Isabella. Sie verzog ihr Gesicht und ich musste mir mein Grinsen verkniefen. Die Arschlochnummer, machte mir eindeutig zu viel Spaß.

Teils war es witzig, wie andere immer auf meine Kommentare reagierten. Einige verstanden überhaupt nicht meine Ironie. Isabella schien, eine der wenigen, zu sein, die es vollkommen verstand. Ganz dumm war sie anscheinend ja doch nicht.

„Hm… Hallo Edward, es freut mich dich kennen zu lernen, deine Schwester hat schon so viel Gutes von dir erzählt. Wir drei werden bestimmt viel Spaß zusammen haben. Nach Alice Erzählungen sollst du ja ein „guter“ Bruder sein. Aber eine Bitte hätte ich an dich. Kannst du mich bitte Bella nennen, Isabella klingt ein bisschen streng, meinst du nicht? “, säuselte Isabella und zwinkerte mir gespielt zu. Ich rang sichtlich um Fassung.

Nicht nur, dass sie mein Spiel mitspielte, nein sie setze sogar noch eins drauf. Sie hielt mir ihre Hand hin und lächelte mich gespielt freundlich an.
Mir blieb der Mund offen stehen und mein Grinsen verschwand von einer Sekunde zur anderen.

Hin und her schaute ich auf ihre Hand und dann auf ihr Gesicht. Das Spiel wiederholte ich ein paar Male, bis mir das ziemlich affig vorkam. Es war nur eine Hand…

Langsam hob ich meine Hand, die in meiner Hosentasche vergraben war, und legte sie in Isabellas. Ihre Hand war viel kleiner als meine und eigenartig zart und weich. Ich konnte die Spannung regelrecht zu spüren, die in diesem Moment um uns herum war.

Mit einem leichten Druck hielt ich Isabellas Hand. Einen kurzen Moment hatte ich Angst, dass ich ihre Hand zerdrücken könnte. Der Gedanke verflog genauso schnell wieder, als ich mir in Erinnerung rief, dass Isabella nur eine reiche Tussi sei.

„Auch wenn mir Isabella persönlich lieber wäre, tue ich dir den Gefallen und nenn dich Bella. Ich hoffe du weißt das zu schätzen“, entgegnete ich mit selbstsicherer Stimme und zog meine Hand aus ihrer. Ich vergrub sie wieder in meiner Hosentasche. Das Kribbeln in meinen Händen ignorierte ich dabei gekonnt.

Isabella, ach nein Bella funkelte mich böse an. Ich grinste sie nur siegessicher an.

Sie wand ihren Blick ab und schaute auf den Tisch. Mein Grinsen wurde dadurch nur noch größer. Yeah Sieg, 1 : 0 für mich.

„Edward! Jetzt hör auf!“, zischte meine Schwester böse, die das ganze beobachtet hatte. Ich setze mich neben meine Schwester und gab ihr ein Zeichen, dass ich es verstanden hatte. Aber daran halten würde ich mich trotzdem nicht. Dazu war der Scheiß einfach zu witzig. Im Moment brauchte ich einfach jemanden, zu dem ich ein Arschloch sein kann.

Kurze Zeit später war schweigen angesagt. Alice versuchte es zwar uns alle in ein Gespräch zu verwickeln, aber das schlug fehl. Entweder sprach ich mit ihr oder Bella mit ihr.

Irgendwann entschuldigte sich meine Schwester und ging auf die Toilette. Das war der Moment, wo Bella von ihrem Imaginären Fleck aufsah und mir direkt ins Gesicht blickte.

Ihre Augen funkelten vor Entschlossenheit und Unglauben.

„Edward, was sollte das vorhin bitte? Was habe ich dir getan, dass du mich gleich so angreifen musst?“, fragte sie mit leicht angesäuerter Stimme.

Das brachte mich leicht aus der Bahn. So direkt wie Bella es war, war noch keiner. Die meisten Leute hatten gar nicht den Mut dazu. Sie ignorieren mich und mein Arschlochgetue. Mit Ausnahme von Isabella Swan.

Gerade als ich zur Antwort ansetzen wollte, öffnete sich die Eingangstür des Cafe und 2 Jungs kamen lautstark herein.

Der eine Junge hatte dunkle Locken und Muskeln, wie ein aktiver Gewichtheber. Der Zweite hatte blonde Haare, war etwas größer und schlanker, aber trotzdem waren Muskeln zu erkennen.

Beide schauten zu mir und Bella herüber. Der Junge mit den dunklen Locken fing an zu grinsen, als er uns sah. Beide gingen in die Richtung wo unser Tisch stand. Als sie bei uns waren, fing der Gewichtheber an zu sprechen.

„Bella hast du nicht gesagt, dass du dir keinen Kerl geangelt hast. Das sieht in meinen Augen aber anders aus“, meinte er. Ich sah fragend zu der Angesprochenen rüber, die ihn böse anfunkelte.

Erst dann machte es klick und ich begriff den Satz.

„Mich hat niemand an der Angel. Nicht mal die Tussi mir gegenüber. Selbst wenn sie die letzte Frau auf diesem Planeten ist“, erwiderte ich provokant.

Aus dem Blickwinkel bemerkte ich wie Isabella ihre kleinen Hände zu Fäusten ballte, mich trotzdem nicht beachtete.

„Emmett, da hast du deine Antwort, auf die ich aber jetzt nicht weiter eingehen werde. Das ist Alice' Bruder und wenn ihr fragt wo Alice ist, sie ist auf der Toilette“, sagte sie. Gegen Ende wurde ihre Stimme etwas ruhiger.

„Okay, ich habe verstanden. Ihr scheint euch ja echt nicht zu mögen. Naja ich bin Emmett Cullen“, stellte er sich vor und hielt mir die Hand hin.

„Edward Masen“, gab ich zurück und drückte seine Hand etwas kräftiger als nötig. Er tat es mir gleich.

Plötzlich hörte ich ein Räuspern und riss meine Hand von Emmetts fluchtartig weg. Es war der blonde Kerl, der unseren kleinen Wettstreit beendet hatte. Kurz musste ich meine Hand schütteln, weil sie schon etwas weh tat.

„Hallo, ich bin Jasper Haule“, stellte er sich vor.

Unsere Begrüßung wurde unterbrochen, als ich ein lautes quietschen hörte, dass nur von meiner Schwester kommen konnte. Ich drehte mich um und sah das Alice halb zu uns rannte.

„Ahhh, oh mein Gott. Du bist doch Jasper. Jasper Hale. Ich bin Alice“, schrie sie aufgeregt und trat an meine Seite.

„Hallo Alice“, sagte Jasper und lächelte Alice an. Beide gaben sich die Hände und sahen sich an.

„Ähm, ich möchte euch ja nicht stören. Aber ich glaube wir sollten uns langsam hinsetzen. Es sieht ein bisschen doof aus, wie ihr die ganze Zeit steht“, kommentierte Emmett das Geschehen und setze sich auf einen Stuhl, der noch frei war.

„Oh Entschuldigung“, murmelte Alice und wurde leicht rot. Sie setze sich mit Jasper hin und stellte sich auch Emmett vor.

Im nächsten Moment fingen alle an durcheinander zu reden. Ich versuchte gar nicht hinzuhören, stattdessen schaute ich mich gedankenverloren um.

Am Rande bemerkte ich, dass ein Kellner zu uns kam und alle was bestellten. Der Kellner schrieb sich alles auf und schaute mich dann abwartend an.

„Ich möchte ni…,“ weiter konnte ich nicht sprechen. Ich wurde von Bella unterbrochen..

„Er möchte einen Kaffee. Einen einfachen schwarzen, bitte“, entgegne sie und zwinkerte dem Kellner gespielt zu.

„Ich will aber nichts!“, sagte ich bestimmend.

„Doch, du willst einen Kaffee, basta. Jetzt höre doch auf, dich wie ein kleines Kind zu benehmen. Und sage einfach, danke. Falls du dieses Wort überhaupt kennst.“ Sie zog provokant die Augenbrauen hoch. Ich konnte nur verdattert mein Gesicht verziehen.

What the Fuck. Was erlaubt sich die Tussi, bitte?

„Vergiss es. Ich. Will. Keinen. Kaffee. Verstehst du das, Isabella? Ich will nichts, deswegen muss ich auch nicht danke sagen.“ Ihren Namen betonte ich nochmal extra.

„Doch. Du. Willst. Einen. Kaffee. Edward.“

„Nein!“

„Doch!“

„Nein“, knurrte ich.

„Nun hört auf, alle beide!“, mischte sich plötzlich Emmett ein.

„Misch du dich da nicht ein!“, sagten Isabella und ich gleichzeitig.
Wieder sahen wir uns kämpfend an.

„Ähh…Entschuldigung? Was möchte sie nun?“, fragte der Kellner verwirrt, der immer noch an unserem Tisch stand.

„Er möchte einen Kaffee“, entgegnete Isabella schneller, als ich es konnte.

Genervt, mit dem Wissen, dass ein Widerspruch eh nichts brachte, sank ich auf meinen Stuhl zurück, verschränkte meine Arme und starrte auf einen Punkt der gegenüberliegenden Wand an. In Gedanken suchte ich verschiedene Ausdrücke, die Isabella beschrieben. Selbstsüchtig, provokant, stur, nervig….

Nach 5 Minuten brachte der Kellner die Bestellungen. Zuerst rührte ich den Kaffee nicht an, nach einer Weile konnte ich aber dem Duft nicht mehr widerstehen.

Ich nahm einen kleinen Schluck und seufzte als die leicht bittere Flüssigkeit meinen Hals hinab lief. Aus dem Augenwinkel merkte ich, dass mich Isabella leicht anlächelte.

Ich verkniff mir meinen Kommentar, der mir auf der Zunge lag und spielte mit der Tasse rum. Einen Moment der Ruhe möchte ich mir auch mal gönnen.

Leicht wunderte ich mich, dass Isabella einen schwarzen Kaffee für mich bestellt hatte. Immerhin waren wir in einem spezielles Cafe. Hier gibt es den Wachmacher mit allen möglichen Aromen.

Jasper und Emmett haben sich beide einen mit Vanille und Karamell bestellt. Das Isabella mir einen einfachen bestellte, passte gar nicht zu dem Bild, was ich von ihr hatte.

Ich schielte zu ihr rüber. Bella saß genauso gedankenverloren auf ihrem Sitz. Sie beteiligte sich, wie ich, wenig an der Unterhaltung. Stattdessen spielte sie mit ihren Haaren rum und nippte an ihr Wasser.

„Bambi, von wem träumst du denn?“, fragte Emmett sie auf einmal. Sie zuckte verräterisch zusammen und sah ihn fragend an.

„Nur von dir, Teddy“, antwortete sie und lächelt ihn an.

„Sag mal, benennt ihr euch alle nach Tieren?“, hackte meine Schwester nach, die die ganze Zeit nur an Jaspers Lippen hing.

„Hmm…Eigentlich nicht, aber wir könnten es ja mal machen. Bella wäre auf jeden Fall das Reh und Jasper der dumme Esel“, antwortete Emmett ihr.

„Und du wärst der dumme, dicke Bär“, erwiderte Jasper. Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Angewidert verzog ich das Gesicht. Wie kann man nur so ein süßes Zeug trinken?

„Uii… Was bin ich dann?“, quasselte Alice aufgeregt.

„Hmmm…. Was du bist…“, überlegte Emmett laut.

„Ah. Ich weiß es! Du bist ein Kätzchen. Im einen Moment ein kleines süßes Kätzchen, aber im anderen Moment bist du ein wilder Tiger und fährst die Krallen aus,“ sprach er, mit voller Begeisterung.

„Okay. Was ist dann mein Bruder?“, hackte meine Schwester wieder nach. Ich rollte mit den Augen. Wie kann man sich ernsthaft über so ein Thema Gedanken machen? Wie im Kindergarten.

„Er ist ein Löwe“, entgegnete Isabella, von der ich am wenigstens eine Antwort erwartet habe.

„Warum ein Löwe? Ich meine er ähnelt doch mehr einem Stier, der jeden unterwerfen und verscheuchen will“.

In Gedanken musste ich Emmett Recht geben. Ein Löwe könnte zwar auch gefährlich werden, aber sie waren nicht so impulsiv wie ich. Ein Stier, der desöfteren ausrastete, passte besser zu mir.

„Im Moment verhält er sich vielleicht wie ein Stier, aber weißt du ich habe einfach das Gefühl, dass hinter seiner Fassade einfach noch mehr steckt“, erklärte Isabella und schaute nachdenklich auf den Tisch, dann zu mir.

Erstaunt blickte ich sie an. Wie kam sie bitte auf so einen Gedanken? Ich nutzte fast jede einzelne Möglichkeit, um einen Kampf mit ihr anzufangen. Bin ihr gegenüber ein absolutes Arschloch, trotzdem denkt sie das ich besser bin?

Das war einfach erstaunlich.

„Bella hat Recht! Edward ist der Beste Bruder, den man sich wünschen kann. Auch wenn er manchmal ziemlich zynisch ist…“, stimmte Alice ihr zu. Kurze Zeit später war es ruhig.

„Hmm… Also seid ihr dann endlich fertig mit der Kinderkacke?“, fragte ich in die Runde. Ich konnte diese Stille nicht ertragen, sie war erdrückend.

Alle sahen mich bestürzt an. Emmett murmelte irgendwas von: „Der und Nett, pah das ich nicht lache.“

„Ja, das sind wir Edward. Aber weißt du, ob wir nun ein bisschen herumalbern oder man sich hinter großen Worten und Gewalt versteckt, macht wohl keinen gravierenden Unterschied. Beides ist kindisch und albern. Meinst du nicht, es wäre fairer, wenn wir das mit der „Kinderkacke“ lassen, dass du auch etwas netter sein könntest? Oder besteht dein Vokabular nur aus diesen ungezogenen Wörtern?“ erwiderte Isabella und grinste mich angriffslustig an.

Langsam verfluchte ich dieses Weib echt. Sie legte sich tatsächlich mit mir an und hatte auch noch Recht. Aber das würde ich nie zugeben.

„Ich könnte es lassen, ISAbella. Aber manche verstehen es nur mit diesen, wie nennst du es, ungezogenen Worten.“ Ihren Namen betonte ich extra laut und musste grinsten, als sie das Gesicht ärgerlich verzog. „Was ich euch eigentlich fragen wollte, bevor du, Isabella, vom Thema abgelenkt hast, warum seid ihr eigentlich in Norderstedt? Nicht, dass es mich wirklich interessieren würde“. Mit meinen Augen verfolgte ich genau die Emotionen, die über ihr Gesicht huschten.

„Wir haben heute einen Auftritt. Auf der Charity-Veranstaltung, hier in Norderstedt. Ihr wisst ja vielleicht, dass die Veranstaltung heute stattfindet. Dort treten alle möglichen Musiker und Tänzer auf. Selbst wir“, erzählte Jasper, der sich die ganze Zeit raushielt.

„Uiii. Ihr tanzt, dass wird bestimmt wundervoll. Ihr seid eh die Besten“, quietsche meine Schwester plötzlich aufgeregt. Ich konnte nur die Augen verdrehen.

„Naja, die besten sind wir nicht. Schlecht sind wir zwar auch nicht, aber naja es könnte noch besser gehen. Aber trotzdem danke, Alice“, murmelte Isabella und kratze sich leicht verlegen am Kopf.

„Verbesserungswürdig seid ihr alle mal. Ich meine euer Talent kommt eh nur durch das Geld. Richtiges Talent, habt ihr eh nicht. Dann wärt ihr ja auf einer richtigen Ballettschule“, kommentierte ich ohne nachzudenken.

Dass es falsch war, bemerkte ich kurze Zeit später.

Alle schauten mich geschockt an. Meine Schwester zog die Luft ein und murmelte etwas wie „Wie kannst du nur.“ Jasper und Emmett starrten mich wütend und geschockt zugleich an.

Und Isabella, ja… Sie starrte auf den Boden, hatte ihre Hände wieder zu kleinen Fäusten geballt.

Dieser Satz war mir aus Versehen raus gerutscht. Eigentlich wollte ich es nicht sagen, aber es war einfach so aus Reflex. Ich war jemand, der immer angreifen musste, auch wenn es nicht der Wahrheit entsprach.

„Halt, deinen Mund Masen“, knurrte Bella plötzlich bedrohlich. Sie stand auf und steuerte in meine Richtung. Ich musste schlucken, als ich ihren Gesichtsausdruck sah. Es war eine Mischung aus Verärgerung und Verachtung.

Aus Reflex stand ich auch auf und sah sie von oben bis unten an. Eigentlich müsste ich keine Angst haben, weil sie einen ganzen Kopf kleiner als ich ist.

„Nur weil du vielleicht in schlechteren Verhältnissen lebst, als wir, brauchst du uns nicht gleich verachten. Du. kennst .uns. nicht!“, rief Isabella mir entgegen und tippte dabei mit einem Finger an meine Brust und bohrte in meine Haut. Dabei sprach sie weiter: „Masen, du bist echt armselig. Anstatt uns eine Chance zu geben, sodass du erkennen könntest, dass wir nicht so arrogant sind, wie andere es vielleicht in unserer Situation. Nein, du musst uns ja beleidigen und auf Abwehr bauen. Aber weißt du, darauf habe ich echt kein Bock mehr, um es mit deinen Worten zu sagen. Manche Leute verstehen es ja nicht anders, nicht? Wenn du keine Lust auf uns hast, dort ist die Tür.“ Bella zeigte auf die Tür. Ihr Blick durchbohrte meinen.

Es fiel mir, ironischer Weise, erst jetzt auf, dass sie die schönsten Augen hat, die ich in meinem ganzen Leben gesehen hatte. Es war, als ob ich hinter ihren Augen, eine wunderschöne reine Seele sehen könnte.

„Ich ähm.. Ich meine..Fuck“, murmelte ich FAST verlegen und fuhr mir durch die Haare.

Langsam wurde mir klar, dass ich heute echt zu weit ging, mit meinen vorlauten Kommentaren. Sie haben mir nichts getan. Eigentlich waren sie mir absolut fremd. Trotzdem verärgerte ich sie dermaßen. Obwohl sie gar nicht selbstsüchtig oder arrogant rüberkamen.
Besonders Bella war anders, sie gab sich mit mir ab. Kein widerwärtiger Kommentar kam aus ihrem Mund, von wegen ich sei nichts wert. Eigentlich war sie durchaus freundlich gewesen. Wenn man es drauf angelegt hat, auch ziemlich provokant und direkt, was durchaus witzig war. Sie scheute sich nicht mal mir die Meinung zu sagen.
Außerdem schien sie Alice wirklich zu mögen.

Plötzlich änderte sich Bellas Gesichtsausdruck. Verschiedene Emotionen waren zu sehen, Reue, Trauer und Verständnis.

„Lass es gut sein Edward. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich verstehe dich. Nur langsam müsste es auch in deinen Dickschädel gehen, dass wir nicht so oberflächlich sind, wie es bei anderen „bekannten“ Personen der Fall ist. Die Vorurteile, die du auf uns gegenüber hegst, sind unbegründet, einfach falsch… Trotzdem…. Entschuldigung, dass ich so barsch zu dir war. Mein Benehmen war gerade eben nicht besser als deins. Ich hoffe du verstehst, dass auch manchmal mein Temperament mit mir durch geht,“ meinte sie auf einmal, mit einer völlig ruhigen Stimme.

Ich sah sie erschrocken an.

Was ist jetzt bitte mit ihr los? Sie musste sich doch nicht entschuldigen! Eher ich…

„Isabella DU brauchst dich doch nicht zu entschuldigen,“ entgegnete ich mit ernst gemeinter Stimme und schaute sie an. Als Antwort zuckte sie nur leicht mit ihren Schultern.


„Ähm Leute, ich will euch ja nicht stören, aber Bella wir müssen uns langsam auf den Weg machen. Meine Mum wartet bestimmt schon auf uns“, sprach Emmett in die Stille hinein.
Ich drehte mich zu ihm um und sah, dass er mich und Bella abwechselnd ansah.

Erst ein Seufzen von Bella, lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf sie. Sie stand immer noch vor mir, wie vorhin, nur jetzt wirkte sie etwas lockerer und ausgeglichener. Ein echtes Lächeln strahlte auf ihre Lippen, als sie bemerkte, dass ich sie beobachtete.

Nachdenklich schaute ich sie an. Ihre Art als Mensch faszinierte mich schon etwas. Sie zog mich in einen Bann. Sie war so anders, so stark und ausdrucksvoll. Sachen die sie störten, sagte sie und verschwieg sie nicht. Aber das auf eine nettere und eindrucksvollere Art, als ich es tat. Es faszinierte mich, wie sie es tat. Ihr Charakter war unglaublich wendig und hatte viele Seiten. Ein paar hatte ich in der Stunde schon kennengelernt. Ich konnte mir trotzdem vorstellen, dass unter ihre Fassade noch so viel mehr steckt.

„Edward, kommst du?“ fragte meine Schwester und brachte mich damit aus meinen Gedanken.

Erschrocken zuckte ich zusammen und sah zu ihr. Sie stand, mit den anderen, schon am Eingang, ich dagegen stand immer noch neben den Tisch. Irgendwie war es peinlich, dass ich so sehr in Gedanken war und dann noch wegen einer Person, die ich gar nicht mochte.
Um meine Haltung zu bewahren, tat ich wieder einen auf arrogant. Ja, mein verfluchter Selbstschutz war wieder da…

Herablassend sah ich in die Runde und sagt: „ Jaja, ich komme ja schon. Ihr hättet auch ruhig gehen können, bin ja alt genug, um den Weg zu finden. So wäre ich wenigstens eurem sinnlosen Gelaber entkommen.“

„Natürlich Edward, das glauben wir dir aufs Wort. Nur du warst so in Gedanken, da hatte deine Schwester Angst, dass du gegen ein Schild läufst und das will doch keiner,“ mischte sich Isabella ein und lächelte mich gespielt zuckersüß an.
Immer musste sie mich provozieren und ihr scheint es noch zu gefallen.

Mit zu Fäusten geballten Händen ging ich auf die anderen hinzu. Ich baute mich vor Isabella auf und sah von unten auf sie herab.

„Nun bau dich mal nicht so auf, Masen,“ säuselte Isabella und pikste mir tatsächlich in den Bauch.

„Dass dein inneres Ego so groß ist, das wissen wir, “ ergänzte sie noch dazu und grinste mich an. Pfff… dieses Weib…

Ich verdrehte meine Augen und ging mit den anderen aus dem Cafe. Schweigsam, versteht sich.

Gemeinsam gingen wir in Richtung Stadtmitte.

Unterwegs, bildeten sich kleine Grüppchen. Alice war bei Emmett und Jasper, Bella lief neben mir. Ich hörte Alice aufgeregt mit den anderen Reden, dagegen waren ich und Bella einfach still. Es war eine bedrückende Stille. Zu sagen hatte ich nichts, aber trotzdem machte mir diese Stille was aus. Ich wollte ihre Stimme hören, auch wenn sie mich immer provozierte. Aber das machte mir komischerweise so viel Spaß.

Immer wieder flog mein Blick zu Bellas Gestalt. Erst jetzt viel mir auf wie schön sie war und fand immer wieder etwas Neues das mich faszinierten. Ob es ihre Haare waren, die leicht rötlich waren, durch das einstrahlen des Sonnenlichts. Oder ihre reine und blasse Porzellanhaut. Die Grübchen an ihren Augen und die Lachfalten an ihren Lippen. Selbst ihr Oberkörper, an dem man die Rundungen ihrer kleinen Brust erkennen konnte und ihre langen schön geformten Beine, passten perfekt zum gesamten Bild. Dazu hatte sie noch beim Laufen die perfekten Haltung und es wirkte absolut anmutig und majestätisch.

Plötzlich drehte sich Bellas Kopf in meine Richtung. Ihre Wangen färbten sich leicht rötlich, wahrscheinlich, weil ich sie beobachtete. Aber in Grunde genommen, war es egal warum. Einen kurzen Moment fand ich ihre Geste einfach nur süß. Ein anderes Wort fiel mir in den Moment nicht ein, auch wenn es sonst nicht meine Art war.

Zur Bestätigung lächelte mich Bella an und ihre Augen strahlten intensiv.

„Edward, ich danke dir“, sagte sie. Ich sah Bella verwundert an und verstand nur Bahnhof. Wofür Bedankt sie sich, bitte?

Bella, die meinen wohl fragenden Blick bemerkt hatte, ergänzte sich selbst.

„Naja, das du uns doch eine Chance gibst, uns näher kennenzulernen. Ehrlich, ich hätte es verstanden, wenn du vorhin einfach aus dem Cafe gegangen wärst… Früher hatte ich auch die Einstellungen, dass Leute die Geld haben, immer schnöselhaft sind und nur an sich denken. Ich hatte ein Problem damit, dass ich die Kunst des Balletts nicht fördern konnte, weil mir das nötige Geld fehlte“, erzählte sie und schaute dabei auf einen imaginären Fleck auf dem Boden. Erstaunt blickte ich Bella an, die jetzt sehr trübselig und irgendwie auch traurig aussah.

Mir war es sehr neu, dass Bella mal in armen Verhältnissen gelebt hatte.

Klar, ich weiß eigentlich gar nichts von ihr, aber ich nahm von vornherein an, dass sie nicht „arm“ sein musste. Nicht ohne Grund ging sie auf ein Privatinternat, wo nur die besten Leute des Landes unterrichteten. Es kostete eine Menge an Geld.

Gerade als ich sie deswegen fragen wollte, tat sie es von alleine.

„Ich weiß du zerbrichst dir grad deinen schönen Kopf darüber, aus welchen Verhältnissen ich komme. Meine Mum hatte noch nie so viel Geld bekommen, es reicht gerade mal zum Überleben. Nur wegen Esme konnte ich die Kunst des Balletts erlernen. Sie ist es auch, die meine Gebühren im Internat bezahlt.“

„Wer war nochmal Esme?“, fragte ich nochmal zur Sicherheit nach. Im Cafe war dieser Name schon öfters gefallen, aber ich konnte ihn noch nicht richtig zuordnen.

„Esme ist die Mutter von Emmett und zugleich die Direktorin von Internat,“ erläuterte Bella und hob ihren Kopf, um mich anzulächeln.

Einen kurzen Moment stockte ich mit meiner Bewegung. Ich war geblendet von ihrem strahlenden Lächeln und ihrer Schönheit. Mein verfluchtes Herz klopfte wild in meiner Brust und ich fühlte mich nicht mehr so alleine. Es war als ob alles gut wäre. Dass die Welt doch nicht so abgefuckt wäre, wie ich immer dachte. Nur durch dieses engelsgleiche Lächeln.

Erst als sich Bella wieder wegdrehte, wurde mir wieder klar, was ich dachte. Ich schüttelte verwirrt meinen Kopf. Was war heute bloß mit mir los? Es passte gar nicht zu meinem Wesen.

Die letzten Meter zum Parkplatz verliefen wortlos.

Dort angekommen, sah man schon einen schwarzen Mercedes. Es war das einzige Auto auf dem Parkplatz und die Frau, die in dem Auto saß, stieg aus, als sie uns sah.

Ich schätze sie auf Mitte 30. Sie hatte Karamell braune Haare und braune Augen. Ihre Kleidung war ziemlich formell.

„Ach, da seid ihr ja endlich. Ich warte schon seit einer halben Stunde auf euch. Mit Pünktlichkeit habt ihr es heute wohl nicht?“, fragte sie mit einem leichten Lächeln, als wir bei ihr standen.

Ihre Augen blickten zu mir und Alice. Wir stellten uns vor.

Gerade als Esme sagte, dass wir langsam gehen müssen, schaute mich Alice bittend an. Ich wusste sofort was sie wollte. Sie wollte mit auf diese Show und den Auftritt sehen. Das war mir schon von Anfang an klar gewesen. Was mich aber nur verwunderte war, dass ich es auch wollte...

Ja, ich wollte fucking Isabella sehen, wie sie tanzte. Wollte wissen, ob sie genauso anmutig und grazil war, ob sie besser war, als ich mir vorstelle. Deswegen fasste ich einen Entschluss.

„Mrs. Cullen“, fing ich an. Doch sie unterbrach mich.

„Nenn mich doch Esme. Sonst fühle ich mich so alt“, sagte sie und lächelte wieder.

„Okay, Esme. Naja ich wir… Also ich und Alice fragen uns, ob wir nicht heute Abend mit auf die Veranstaltung kommen dürften. Wenn es ihnen keine Umstände macht. Alice…ich…nein, wir, würden gerne die Show von Bella und Jasper sehen. Deswegen frage ich sie, ob nicht vielleicht noch ein paar Plätze frei wären“, stotterte ich mir zusammen und fühlte mich verdammt bescheuert. Nicht mal eine normale Bitte konnte ich anständig aussprechen… Wie erbärmlich war ich heute bitte?

„Hmm… Kindchen, es wäre möglich. Gerade 2 Plätze hätten wir übrig, Rosalie und Rene, zwei Bekannte konnten ja leider nicht mitkommen. Aber dazu bräuchte ich das Einverständnis eurer Eltern. Die Veranstaltung geht bis 24 Uhr und da ihr beide bestimmt noch keine 18 seid, kann ich das nicht einfach bestimmen. Wie wäre es, wenn ihr eure Eltern schnell anruft und um ihr Einverständnis bittet?“

„Aber nein…das ist nicht mehr möglich…es ist…weil sie….Ich…ich kann es nicht…“, stotterte meine Schwester. Tränen traten in ihr Augen.

Alle sahen Alice bestürzt an. Als sie aufschluchze nahm ich sie tröstend in den Arm. Ich glitt mit der Hand mechanisch ihren Rücken runter. Im Moment tat mir selbst alles im Inneren weh. Obwohl das Ereignis schon solange her ist, tut es immer noch weh. So sehr…

Nichtsdestotrotz musste ich jetzt stark sein, für Alice und für mich selbst. Auch wenn es der pure Selbstverrat war. Zu gerne wäre ich jetzt DERJENIGE der in Alice Armen war und seiner Schwäche nachgeben könnte.

„Wir…wir haben keine Eltern mehr. Sie sind umgekommen vor 11 Jahren bei einem Autounfall. Seitdem leben wir in dem Kinderheim von Norderstedt“, erklärte ich mit tonloser Stimme und schluckte meine Tränen herunter. Der verfluchte Klumpen in Hals ging nicht weg….

„Oh, dass tut uns leid…“, hörte ich Esme leise flüstern. Ich schüttelte mechanisch meinen Kopf und fixierte einen Punkt auf dem Boden.

Diese bemitleideten Blicke konnte ich nicht ertragen. Sie erinnerten mich noch mehr an das Geschehnis vor 11 Jahren. Ich wollte es vergessen. Aus meinem Gedächtnis löschen. Nur ging es nicht. Wie immer wenn ich darüber nachdachte, verfolgten mich die Bilder unserer toten Eltern.
Immer und immer wieder kamen sie hoch und zerstörten mich…

Ruhe kehrte ein. Niemand sprach ein Wort. Diese erdrückende Stille war nicht gut. Alice weinte leise gegen mein Hals und ich stand erstarrt da. Kämpfte mit meinen Emotionen. Nie mehr, wollte ich vor anderen Schwäche zeigen, das hatte ich mir geschworen.
Jetzt fiel es mir verdammt schwer… Aber ich muss stark sein…stark sein für mich. Fuck, ich darf kein Weichei sein…. Nicht so wie früher….

Plötzlich hörte ich ein Räuspern. Ich hob meinen Blick und sah in Bellas braune Augen. In ihren Augen fand ich so viel Leben, soviel Freude. Außerdem spiegelten sie wilde Entschlossenheit nieder.

„Ich habe eine Idee wie wir das Problem lösen können. Wir könnten Frau Cross anrufen. Esme, du hast doch erzählt, dass sie heute Abend Schicht im Heim Norderstedt hat. Ich bin mir sicher, dass sie es erlauben würde, wenn wir lieb drum bitten würden. Es ist ja was Kulturelles und bildet auch weiter. Nichts spricht dagegen, dass die beiden nicht mitkommen können“, schilderte Bella ihre Meinung. Ihre Lippen verzogen sich dabei zu einem ehrlichen und auch glücklichen Lächeln. Wie hypnotisch starrte ich sie an. Vergessen war mein Schmerz. Faszination tritt an deren Stelle.
Wie kann ein Mensch so viel Wärme ausstrahlen? Es war erschreckend.

Obwohl wir uns nicht berührten, fühlte ich mich unter ihren Blick geborgen und sicher.

„Danke“, flüsterte ich ehrfürchtig und befürchtete schon fast, dass sie es nicht verstand. Bella belehrte mich eines  Besseren.
Leise flüsterte sie zurück: „Bedanke dich nicht dafür. Es ist selbstverständlich. Außerdem möchte ich, dass ihr dabei seid.“ Sie zwinkerte mir zu.
„Das ist ein guter Einfall“, äußerte Esme auf Bella´s Aussage. Schnell holte sie ihre Tasche aus ihren Mercedes heraus. Mit einem gekonnten Griff zog sie ihr Handy heraus. Kurz lächelte mich die Dame an. Dann tippte sie die Nummer von Frau Cross ein und hielt sich den Hörer ans Ohr.

Das Gespräch ging nicht lange, nur einmal gab sie das Telefon an Bella weiter. Diese legte für mich und Alice ein gutes Wort ein, so dass unser Ausgehverbot wohl schnell vergessen worden war.
Als Esme das Gespräch mit Frau Cross beendete und uns zu nickte, fing Alice aufgeregt an herum zu hüpfen.
Sie hielt sich an meinen Schultern fest und freute sich wie ein Kind. Es stimmte mich auch glücklich. Zum einen, weil meine kleine Schwester seit langen wieder glücklich war und zum anderen, weil ich auch mit zu diesen Auftritt kommen konnte.
Ballett interessiert mich, wenn ich ehrlich war, zwar überhaupt nicht, aber nichtsdestotrotz war ich neugierig wie die große Isabella tanzte.

Gemeinsam stiegen wir alle in den schwarzen Mercedes ein und fuhren zur Stadthalle von Norderstedt. Es war schon viel los. Überall standen Autos und Menschen liefen herum. Noch nie hatte ich so viele Menschen in Norderstedt gesehen. Es war eine kleine und unbedeutende Stadt und sonst ist hier der Hund begraben.

Langsam gingen wir in das große, gläserne Gebäude. Überall waren Stühle und ganz vorne war die Bühne. In der zweiten Reihe nahmen wir Platz. Es war ziemlich weit vorne an der Bühne. Später hatten wir also einen guten Ausblick auf die Bühne. Das hieß ich konnte Bella gut auf die Füße schauen.
Grinsend platzierte ich mich neben Alice und Bella. Mit einen zufriedenen Seufzen lehnte ich mich zurück. Bella musterte mich die ganze Zeit mit skeptisch.

„Was ist los Isabella? Habe ich etwa einen Pickel auf meiner Stirn oder wieso starrst du mich so an?“, erkundigte ich mich, ganz in meiner direkten Art. Gleich zum Thema kommen und nicht lange drum herum reden, so war mein Motto.

„Ja, hast du, einen riesengroßen Pickel da oben. Aber das ist wahrscheinlich nur dein Ego, das herauskommt.“ Sie tippte auf meine Stirn und lachte kurz. „Nein, also Spaß bei Seite. Ich habe mich grade nur etwas gewundert, dass du dich hier wohl zu fühlen scheinst. Zuerst dachte ich, das machst du alles nur wegen Alice. Aber es scheint mir ganz so, als ob du auch so mitkommen wolltest“, erklärte sie mir und schaute mich dabei nachdenklich an.

„Teils bin ich wirklich nur wegen Alice hier. Ich mag es wirklich nicht mit fremden Leuten rumzuhängen, wie du bestimmt schon erkannt hast. Es ist nicht mein Ding, so schnell Vertrauen zu fassen... Trotzdem ist das hier besser als wieder ins Heim zu gehen. Soviel besser…. Zwar verstehe ich nicht viel von Ballettscheiß… Entschuldigung… ich meinte Ballettzeugs. Aber es stimmt mich neugierig, dass ich dich heute sehen kann, wie du tanzt. Mit eigenen Augen möchte ich sehen, wie du tanzt. Danach kann ich ja mein ehrliches Urteil bilden. Okay?“, erwiderte ich verdammt ehrlich. Bella sah mich traurig an und knabberte auf ihren Lippen rum.

„Ehrlich ich kann es verstehen, dass du Menschen nicht so schnell vertrauen kannst. Mir geht es nicht anders. Aber ich möchte trotzdem nochmal kurz darauf hinweisen, dass du uns ruhig vertrauen kannst. Wir wollen nichts Böses. Eher das Gegenteil, wir wollen euch helfen.
Trotzdem freue ich mich, dass du hierher bist. So kann ich dir wenigstens beweisen, dass ich gut bin. Glaub mir, du wirst vor Staunen gar nicht den Mund zu bekommen“, prahlte sie voller Selbstvertrauen und schaute mir tief in die Augen. Wieder verlor ich mich in das tiefe Braune.

Dieses Mal lenkte der Moderator von ihren Augen ab, indem er mit der Eröffnungsrede begann. Ich hörte anfangs nicht zu und wurde erst hellhörig, als er etwas von einem Pianisten erzählte, der uns heute auch was vorführen wird. Er erzählte uns, dass er ein sehr unbekannter und trotzdem guter Pianist ist.

Danach beendete er seine Rede und ein Chor trat auf die Bühne. Nachdem der Chor fertig war, traten noch andere auf. Es kam noch ein sinnloses und langweiliges Schauspielstück von Wilhelm Tell.

Es folgten noch ein paar von diesen Teenager Tanzgruppen, wo eigentlich die blonden Tussis mit ihrem Arsch wackelten und behaupteten es sei tanzten…. Einfach total Billig!

Erst als der Pianist, Alec Volturis auf die Bühne trat, setze ich mich gerade hin und richtete meinen Blick genau auf die Bühne.

Er verbeugte sich vor dem Klavier, das auf der Bühne stand und setze sich dann auf die Klavierbank. Einen kurzen Moment war er konzentriert, dann begann er mit dem Spielen. Er spielte ein Stück von Debussy, dass erkannte ich gleich nach den ersten Tönen. Das Stück heißt Arabesque und war ein schönes Stück. Die Töne waren sanft und klar, durch das verschiedene Tempo machte es einem Hoffnung und Freude. Mit den Fingerspitzen tippte ich die Bewegungen des Pianisten mit.

Ich wusste genau welche Töne er spielte. Ich kannte das Stück in und auswendig. Es war eins meiner Lieblingstücke. Seit ich 5 war spielte ich schon Klavier. Es war meine Leidenschaft und mein Leben. Der einzige Trost in meinen Leben.

Herr Volturi endete mit den Stück und verbeugte sich. Alle fingen an zu klatschen, ich mit eingeschlossen. Er war wirklich ein sensationeller Pianist. Ich selbst hätte es nicht besser machen können.

Erst als Bella aufstand, bemerkte ich, dass die anderen ja noch hier waren. Ich war ganz in meiner eigenen Welt versunken. Dort wo die sanften Töne von Debussy oder Chopin herrschten. Es gab kein Leid, sondern nur die Harmonie.

„Hals- und Beinbruch,“ wünschte Emmett Bella und Jasper. Beide gingen hinter die Bühne, um sich wahrscheinlich umziehen und zu erwärmen.

Wir anderen dagegen mussten noch ein bisschen von diesen billigen Tanzgruppen ertragen. Es war wirklich nicht mehr ganz appetitlich, wie die Teenager mit ihren Hintern wackeln.

Nach etwa einer halbe Stunde kündigte der Moderator endlich Jasper und Bella an.

Kurze Zeit später trat Bella auf die Bühne. Sie hatte sich umgezogen und stand jetzt in ein komplett weißen Kleid auf der Bühne. Es wirkte gut, in Kontrast zu ihren dunklen Haare und ihren dunklen Augen. Sie ging in tänzerischen Schritten in Richtung Mitte. Dort angekommen, begann die Musik. Es war ein Stück mit Violinen, der Name des Stückes war mir nicht bekannt. Es klang sanft und klar. Die reinste Harmonie, genauso wie Bellas Bewegungen. Sie performte viele Figuren und Sprünge, von welchen ich den Namen nicht kannte und tanzte viele verschiedene Schritte. Alles passend zu der Musik.

Ich bemerkte wie ich Bella die ganze Zeit mit den Augen verfolgte, konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden. Ihre Bewegungen waren einfach so anmutig und sanft… In diesem Moment erinnerte sie mich einfach an einen tanzenden Engel. Ein Engel der mit Gefühl tanzte, mit einem bezaubernden Lächeln auf den Lippen.

Ich kam aus meinem Staunen gar nicht mehr heraus. Selbst als sie die letzte Bewegung machte, konnte ich nicht wegsehen. Mit einer Verbeugung endete sie und blickte in meine Richtung. Ein sanftes, süßes Lächeln zierte ihre Lippen. Mein Herz schlug in dem Moment kräftig gegen meine Brust. Eine Träne entstand in meinen Augen. Ich war berührt, durch diesen einfachen Tanz.
Dieser Engel auf der Bühne, ließ mich den ganzen Schmerz, das ganze Leid vergessen. Dabei lehrte sie mich, dass es wichtig war, man selbst zu sein. Es war zwar nicht perfekt, aber man sah, dass sie mit ihren ganzen Gefühlen tanzte und das machte es einzigartig.

Bella wand ihren Blick wieder auf einen imaginären Punkt und tänzelte auf die rechte Seite der Bühne. Sie blieb an der hintersten Rechte Ecke stehen und machte ein Spagat. Ihren gesamten Oberkörper lenkte sie dabei in Richtung ihres vorderen Beins. Plötzlich ging das Licht auf der Bühne aus und ich erschrak heftig, als ich Bella nicht mehr durch die Dunkelheit erkennen konnte. So sehr war ich auf sie fixiert.

Einen kurzen Moment tuschelten die Leute um mich herum, ich dagegen schaute direkt auf die Bühne und wartete. Ich wollte den Engel wieder sehen.

Einen kurzen Moment später ging das Licht wieder an und Jasper war auch auf der Bühne zu sehen. Er war in etwa der gleichen Haltung, wie Bella es immer noch war.

„Aua, das muss doch weh tun“, hörte ich Emmett leise flüstern. Ich konnte auf seine Aussage nur nicken. Einen Spagat zu machen als Kerl, muss schon eine ganz schöner Kampf sein.

Als die Musik einsetze, bewegten sich Bella und Jasper aus ihrer Position. Dieses Mal war es ein Klavierstück, um genauer zu sein von Yann Tiersen Comptine d'Un Autre Été. Beide tänzelten synchron die gleichen Schritte und Sprünge in Richtung Bühne.

Der einzige Unterschied bestand darin, dass die von Bella etwas besser aussahen. Jasper wirkte ein bisschen unsicher. Das legte sich aber, als die beiden zusammen tanzten.

Verschiedene Hebefiguren und die Synchronität die sie zeigten, waren wirklich erstaunlich. Das Vertrauen das man dazu bräuchte, sah man bei den beiden regelrecht an.

Zum Ende hin performte Bella noch eine 10-fache Pirouette und mir blieb vor Staunen mein Mund offen. Bella und Jasper verbeugte sich. Alle Gäste standen auf und fingen an zu klatschen, ich mit eingeschlossen. Als die letzten Gäste mit dem Klatschen endeten, verschwanden die Beiden von der Bühne. Sofort kam der Moderator wieder angedackelt, aber das interessierte mich schon gar nicht mehr.

Ich schaute gebannt in die Richtung, in die Bella und Jasper verschwunden sind.

Neben mir stand Esme auf und flüsterte leise zu uns: „Kommt wir gehen mal hinter die Bühne und gratulieren den beiden.“

Emmett, Alice und ich standen sofort auf und gingen lautlos hinter die Bühne. Jasper wartete schon, fertig umgezogen, auf uns.

„Jasper, du warst toll, nein ihr wart so unbeschreiblich toll“, sagte meine Schwester, als wir bei ihm waren. Ihr standen Tränen vor Glück ins Gesicht. Jasper, der das bemerkte, bedankte sich bei ihr und umarmte sie. Ich schaute die beiden verwirrt an. Schon wieder hingen sie beide aneinander, dass ging schon die ganze Zeit so.

„Na, da ist wohl jemand sehr begeistert von unserer kleinen Einlage, dir blieb echt der Mund offen. Wie ich es vorausgesehen habe“, hörte ich die Stimme von Bella sagen. Ich drehte mich um und sah sie, dass sie immer noch das weiße Kleid an hatte. Ein breites Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. Alice schritt auf sie zu und umarmte sie auch kräftig. Nachdem die beiden sich voneinander gelöst hatten, gratulierten auch die anderen. Danach sah Isabella abwartend in meine Richtung.

„Masen, wie fandest du das ganze eigentlich nun? Bist du zufrieden mit uns?“ hackte sie nach.

„Es war okay“, sagte ich neckend zu ihr und fing an zu lachen, als sie die Luft einzog. Bella verstand aber schnell meinen kleinen Spaß und fing selbst an zu lachen.

„Na, warte ich werde es dir irgendwann zeigen, wie schwierig so was ist“, drohte sie mir und tanzte ein paar Schritte auf mich zu. Sie stand nun direkt vor mir und hielt mir ihre weiche Hand hin.

Ich sah fragend zu der Hand und dann in ihr Gesicht. Bella sah meinen fragenden Blick und stellte sich auf Zehenspitzen. Leise flüsterte sie in mein Ohr: „Kommst du kurz bitte mit, ich habe eine kleine Überraschung für dich.“ Ich nickte verwirrt und legte meine Hände in ihre. Ich bemerkte das verräterische Kribbeln, an meiner Hand.

Bella zog mich nach draußen. Ich folgte ihr einfach. Irgendwas zu sagen hatte eh keinen Sinn. Nicht bei Isabella Swan….

Draußen war es kalt und dunkel. Sterne leuchten Hell an Himmel. Ich sah zu Bella die meine Hand los gelassen hat und jetzt in Mondscheinlicht herumtanzte. Es war viel locker als vorhin. Irgendwas Zauberhaftes und Einzigartigeres hatte es an sich. Sie tanzte in diesen Moment nur für mich und für sich.
Plötzlich stoppte sie ihre Bewegung und sah mich an. Das Mondlicht schien auf ihr Gesicht.

Die Glocken von der Kirche klangen aus der Ferne.

„Alles Gute zum Geburtstag Edward“, flüsterte Bella in die Stille hinein und ich konnte nicht anders, als sie erschrocken an zu starren.

Bella kam auf mich zu gestritten. Ein zartes Lächeln strahlte auf ihren Lippen.

„Ich weiß es von Alice, deswegen wundere dich nicht. Wir haben in Cafe viel über dich gesprochen. So habe ich auch erfahren, dass du dein Geburtstag nicht gerne magst. Deswegen dachte ich, ich bringe dich vor den anderen in Sicherheit und gratuliere dir in Ruhe. Wenn ich es vor Emmett und Alice ausposaunen hätte, würden sie bestimmt darauf bestehen eine riesige Party deswegen zu feiern. Und das will ich ja keinen zumuten.“ Sie fing leise an zu kichern. Ich nickte leicht mit meinen Kopf. Leise stimmte ich ihr Lachen ein.

„Danke, Bella. Es ist echt vorausschauend von dir. Außerdem war dein Tanz von grade eben, einfach wunderschön. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der mit so viel Gefühl tanzt. Ich danke dir, Bella. Du bist echt nicht so schlimm, wie ich dachte,“ entgegnete ich ihr, etwas neckend.

„Ach und du Masen, du bist schlimmer als ich gedacht hätte,“ vermerkte sie provokant. Wir beiden fingen an zu Lachen.

Es war ein schönes Gefühl, mit jemand Lachen zu können. Ich fühlte mich leicht benebelt, dass wohl mehr oder weniger an Bellas Gegenwart lag.

„Naja, ich habe noch was Kleines für dich, Edward. So als Geburtstag Geschenk.“ nuschelte sie und durchsuchte in ihrer Tasche, die sie vorhin auf den Boden gelegt hat. Anscheinend hatte sie „mein Geschenk“ gefunden, sie hielt mir eine CD Hülle entgegen. Neugierig nahm ich sie.

„Auf der CD. Verschiedene Klavierstücke sind drauf, besonders die, die ich mag. Deswegen dachte ich mir, dass es dir gefallen könnte,“ erklärte sie mir und schaute mich gespannt nach meiner Reaktion an.

„Woher weiß du denn nun schon wieder, dass ich Klavier spiele? Von Alice etwa?“ fragte ich leicht irritiert.

„Nein, dieses Mal nicht. Es hat man dir vorhin beim Pianisten einfach angesehen, dass du Klavier spielst. Du sahst so aus, wie ich beim Tanzen. Diese Gefühle in deinen Augen, waren dieselben die ich beim Tanzen fühle. Du hast die Musik nicht nur gehört, du hast sie gelebt. Deswegen, weiß ich es, Edward. Deine Mimik und Gestik haben dich verraten,“ antwortete sie.

„Du bist echt unglaublich,“ erwiderte ich nüchtern und schüttelte meinen Kopf.

***